5 Tipps für Scrum Master
14. September 2022
·
7 MIN Lesedauer

5 Tipps für Scrum Master

“Scrum Master sind ergebnisverantwortlich für die Einführung von Scrum, wie es im Scrum Guide definiert ist. Sie tun dies, indem sie allen dabei helfen, die Scrum-Theorie und -Praxis zu verstehen, sowohl innerhalb des Scrum Teams als auch in der Organisation.” [Scrum Guide, 2020]

Laut Scrum Guide sind Scrum Master echte Führungskräfte, die dem Scrum Team und der Gesamtorganisation dienen. Die Rolle Scrum Master ist jedoch nicht immer eindeutig geklärt. Meiner Erfahrung nach kommt es in Organisationen oft zu Unstimmigkeiten, was genau die Scrum Master Rolle beinhaltet, welche Verantwortung die Rolle trägt und vor allem auch wie viel Führungskraft Scrum Master sein dürfen. Vielfach wird die Rolle der Scrum Master als ein besserer Sekretär bzw. eine bessere Sekretärin für das Team verstanden (Scrum Secretary, Scrum Mom).

Da es für mich und durch Gespräche mit Kolleg:innen, sowie Berichten aus der Community nicht ganz so einfach ist, die Scrum Master Rolle zu leben bzw. sich darin zu entwickeln und zu entfalten, möchte ich meine persönliche Erfahrung und Sichtweise mit fünf Tipps für Scrum Master teilen.  

Geduld und Zuversicht

1. Geduld und Zuversicht

“Der Weg zur Ausgeglichenheit führt über Höhen und Tiefen.” [Ernst Ferstl]
 

Geduld und Zuversicht sind Haltungen aus dem lösungsfokussierten Coaching. Da Scrum Master als Servant Leader und Change Agents gesehen werden und auch Coaching-Techniken und Interventionen anwenden, um Teams und Organisationen zu unterstützen, ist aus meiner Sicht Geduld und Zuversicht eine große Stärke. Vor allem dann, wenn man als Scrum Master mit einem neuen Team zu arbeiten beginnt. Wenn ich zum Beispiel vor einem Projektwechsel stehe – aus welchen Gründen auch  immer – und mit meinem Team ein gewisses Level an Agilität erreicht habe, dann braucht es mit dem neuen Team einiges an Geduld und Zuversicht. Auf der einen Seite kann man die Herangehensweise eines Teams nicht 1-1 auf ein anderes Team kopieren und andererseits können Veränderungen nicht von einem Tag auf den anderen umgesetzt werden. Auch wenn agile Teams nichts mit Volksschulkindern zu tun haben, verwende ich gerne die Metapher eines Lehrers bzw. einer Lehrerin, um die Arbeit eines Scrum Masters anschaulich zu machen. Ein Volksschullehrer, eine Volksschullehrerin begleiten die Kinder in ihren ersten vier Jahren und beginnen danach wieder von vorne. Dazu brauchen auch sie sehr viel Geduld und Zuversicht, um immer und immer wieder von vorne zu starten.

Da der Vergleich der Volksschule mit agilen Teams vielleicht etwas hinkt, möchte ich hier zu Tipp 2 überleiten. Agile Teams haben bereits ein gewisses Vorwissen und Techniken etabliert, die sie für ihre tägliche Arbeit nutzen. Ein Scrum Master muss daher eine gute Balance aufbauen zwischen den eigenen Bedürfnissen bzw. der eigenen Weiterentwicklung und den Bedürfnissen des Teams.

Eigene Bedürfnisse vs. Team Bedürfnisse

2. Eigene Bedürfnisse vs. Team Bedürfnisse

“Problemsprache schafft Probleme. Lösungssprache schafft Lösungen.” [Steve de Shazer]

Anknüpfend an den Tipp 1 geht es jetzt um die Balance zwischen den eigenen Bedürfnissen und Wünschen und den Bedürfnissen des Teams. Hier kann ich sehr gut aus meinen  eigenen Erfahrungen und Fehlern  berichten. Vor einigen Jahren stand wieder einmal ein Projektwechsel an. Mein persönlicher Fehler zu dieser Zeit war es, dass ich gerade meine Entwicklung zum Scrum Master begonnen hatte und ich wollte die ganze Welt umdrehen. Ich  habe die verschiedensten Formate für Retrospektiven ausprobiert und wollte mir eine eigene Welt schaffen, wenn ich ehrlich bin, wollte ich eine Situation wiederherstellen wie die zuvor erlebte. Zusätzlich war ich ganz verwirrt von den vielen Tweets und Blog Posts, in denen Scrum Master und Agile Coaches von ihren Erfahrungen berichten. Das war alles so cool zu lesen und die Ideen dahinter wollte ich alle selber ausprobieren. Doch dieses Vorhaben ging nicht so ganz auf. Ich hatte vergessen, mich auf das Team zu fokussieren und stellte meine eigenen Bedürfnisse in den Vordergrund.

Als Scrum Master, wie auch in jeder anderen Führungsrolle, ist es daher sehr wichtig, eine Balance zu haben und mit sich selbst im Reinen zu sein. Ich glaube, nur dann kann man einem Team und einer Organisation wirklich weiterhelfen und dort unterstützen, wo es auch einen Bedarf dazu gibt. Um diese Balance herzustellen – was jetzt nicht heißt den Fokus nur auf das Team zu legen – braucht es auch die richtige Einstellung. Aus diesem Grund spricht man in der agilen Welt auch oft von Servant Leadership. 

Ein guter Tipp, den ich selber einmal bekommen habe ist, einfach das Team zu fragen, wie und auf welche Weise der Scrum Master helfen kann. Diese einfache Frage, die auch als Angebot an das Team gesehen werden kann,  ist oft sehr aufschlussreich, zeigt auf, welche Unterstützung notwendig ist und öffnet einen Raum für Optionen.

Es geht aber auch um die persönliche Entwicklung, die man als Servant Leader nicht aus den Augen verlieren sollte. Und hier sind wir auch schon bei der Überleitung zum nächsten Tipp.

Community

3. Community

“Um klar zu sehen, genügt oft ein Wechsel der Blickrichtung.” [Antoine De Saint-Exupery]

Als Scrum Master ist es meiner Meinung nach wichtig, am Ball zu bleiben. Und die gute Nachricht ist – es gibt eine sehr große Community zu diesem Thema, sei es auf Twitter, Blogs von anerkannten Scrum Master und Trainern sowie Konferenzen und Meetups.

Die Community bietet eine tolle Plattform für die verschiedensten Anliegen eines Scrum Masters. So kann man sich neue Ideen holen, Probleme bzw. Herausforderungen reflektieren und besprechen und einfach dazulernen. Denn ein Meister ist noch nicht vom Himmel gefallen und auch als Scrum Master ist ein lebenslanges Lernen essentiell.

Das Schöne an einer Community ist auch, dass man hier immer ein offenes Ohr für seine Anliegen findet und auch wenn es im Projekt mal nicht so rund läuft, sich verstanden und aufgehoben fühlt. Das haben Communities mit vielen Agile Coaches und Scrum Master anscheinend irgendwie so an sich.

Mir persönlich haben die Meetups und Konferenzen sowie viele Blog Posts dabei geholfen, meine Perspektiven zu verändern und andere Blickwinkel einzunehmen. Denn in der agilen Welt gibt es nicht nur Scrum, sondern Scrum ist eines von vielen agilen Frameworks. 

Für mich war es auf meinem Weg zum Scrum Master und Agile Coach immer wichtig, das Thema Agilität aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten, um zu verstehen, wie alles zusammenhängt. Denn neben Scrum gibt es da auch noch XP (Extreme Programming), Kanban etc..

Scrum Kanban XP

4. Scrum, XP, Kanban, Coaching etc.

“Es ist besser die richtige Arbeit zu tun (=Effektivität), als eine Arbeit nur richtig zu tun (=Effizienz).” [Peter F. Drucker]

Auch wenn man Scrum Master ist, sollte man sich nicht nur auf Scrum einschränken. Es kann sehr hilfreich sein, über den Tellerrand zu blicken und auch andere Frameworks und Methoden kennen zu lernen. Denn Scrum ist nur einer von vielen Ansätzen und man sollte immer bedenken, das richtige Werkzeug für die Situation zu verwenden, in der man sich gerade befindet. So habe ich einiges von z.B. XP (Extreme Programming) mitgenommen und angewandt, vor allem wenn es darum geht, was zwischen einem Sprint Planning und dem Sprint Review passiert. Aber auch ein Blick hin zu Kanban lohnt sich allemal. Wenn man sich erst einmal mit den verschiedenen Ansätzen, Methoden und Frameworks beschäftigt, dann erkennt man auch die Zusammenhänge und die grundlegenden Werte und Prinzipien agiler Arbeit werden klarer und verständlicher.

Zusätzlich zu den agilen Methoden und Frameworks hat es mir persönlich sehr geholfen, das Thema Coaching näher zu betrachten. Sieht man einen Scrum Master als Servant Leader bzw. einer modernen Führungskraft, so ist ein grundlegendes Wissen über Coaching meiner Meinung nach unabdingbar. Als Scrum Master haben wir mit Menschen, Teams und Organisationen zu tun, die oft in einer komplexen Umgebung agieren und daher Ursache und Wirkung zu Beginn nicht immer eindeutig erkennbar sind. Außerdem wollen wir als Scrum Master ja nicht als traditionelle Führungskraft agieren, die mit Micro-Management das Team glaubt zu führen. Es geht vielmehr darum, das Team zu ermächtigen und dem Team zu helfen, den eigenen Weg zu finden. 

Es ist definitiv nicht von Vorteil immer zu glauben, dass man alles besser weiß und dabei versucht, dem Team den eigenen Stempel aufdrücken zu wollen. Hilfreich in so einer Situation ist, das Team zu fragen, was es braucht und welche Ideen es hat. Denn wer fragt, der führt!

Reflexion

5. Selbstreflexion

“Du kannst die Wellen nicht stoppen, aber du kannst lernen zu surfen” [Jon Kabat-Zinn]

 Scrum Master sind als Servant Leader für Teams und Organisationen im Einsatz und haben es mit Menschen und komplexen Organisationssystemen zu tun, in denen Wirkung und Ursache nicht immer definierbar sind. In der täglichen Arbeit mit Teams und vor allem mit Menschen verwenden Scrum Master viele verschiedene Interventionen, Coaching-Fähigkeiten und Leadership-Fähigkeiten, um die Teams als Servant Leader zu unterstützen und zu coachen. Manchmal fehlt jedoch das Bewusstsein dafür, welche Interventionen dem Team wirklich weitergeholfen haben und wie man sich als Scrum Master entwickelt. Für ein agiles Scrum Team gibt es die Möglichkeit der Retrospektive, um zu reflektieren und sich zu verbessern. Doch wie können Scrum Master eine Selbstreflexion für sich nutzen?

Dazu habe ich im Zuge meiner Ausbildung zum lösungsfokussierten Coach bei Sinnvoll-Führen (https://sinnvoll-fuehren.com/) ein Arbeitsbuch für Scrum Master verfasst, dass genau bei dieser Herausforderung unterstützen kann.

 

Du willst Dein eigenes Logbuch für Scrum Master?
Hier geht’s zum Download: www.ebcont.com/logbuch-scrum-master